Mark Kuhrke 2022

Florian Merkel: Deutschlandbilder. Fotografie und Zeichnung seit 1980
Zur Eröffnung der Ausstellung in der Neuen Sächsischen Galerie Chemnitz am 8. Februar 2022

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Als mir das erste Mal Bilder von Florian Merkel gezeigt wurden, entgegnete ich erstaunt: „Was? Das ist Fotografie?“ Und ja, ich musste erkennen, dass meine eigene Definition von Fotografie vorschnell mit dem ‚bloßen Festhalten eines Blicks durch den Motivfinder einer Kamera‘ gleichgesetzt war. Florians Merkels Fotografie ist das nicht.
Diese Werkschau in der Neuen Sächsischen Galerie Chemnitz zeugt von Merkels breitgefächerter und sich stets weiterentwickelnder Kunstpraxis, die ‒ ausgehend von der klassischen Analogfotografie in Schwarzweiß ‒ einen in sich geschlossenen Mikrokosmos bildet, der mehr als nur Fotografie ist.
Seine Bilder sind bunt, schrill, ihre Szenen vibrieren und erscheinen so penibel durchinszeniert wie spontan entstanden zugleich. Mit rund 44 Einzel-, 110 Gruppenausstellungen und mit Werken, die in über 21 öffentlichen Sammlungen zu finden sind (1), unternimmt Merkel den Versuch: „ein Weltbild [zu präsentieren, das] völlig nach seinen Vorstellungen“ (2) kreiert ist. Dabei versteht sich Merkel, wie er in einem 2019 veröffentlichen Text zum Ausdruck brachte, rein als Fotograf und nicht als Maler im klassischen Sinne. (3) Doch seiner Auffassung, „ein monochromes Bild hätte ein emotionales Defizit“ (4) folgend, gelingt es ihm, durch die Technik der malerischen oder computergestützten Kolorierung den schwarzweißen Abbildern ihre ‚wahre Farblichkeit‘ zurückzugeben.

Florian Merkel, 1961 in Chemnitz, damals noch Karl-Marx-Stadt, geboren, arbeitete nach Abschluss seines Fotografie-Studiums an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig in Karl-Marx-Stadt, Hannover und schließlich Berlin, wo er heute noch tätig ist. Während es damals am Leipziger Lehrstuhl für Malerei die strikte Regel: „Hier steht der Mensch im Mittelpunkt!“ (5) zu befolgen galt, genoss Merkel stets die Freiheit der Fotografie. Doch ist es dem engen Austausch mit Kommilitonen der Malerei zu verdanken, dass auch die Vielzahl seiner fotografischen Arbeiten von Thema der zentralisierten Figur geprägt ist, die sich im umgebenden Bildraum zu beweisen sucht. Egal ob nun beim rhythmischen Tanz gezeigt, in mythologische Szenen gestellt, als Heiliger oder Berlin-Tourist inszeniert, eine Landschaft beobachtend oder kostümiert vor eine theatrale Kulisse gerückt: der Heterokosmos seiner Bilderwelt definiert sich durch das bewegliche Verhältnis der Figur zu ihrer direkten Umgebung.

aus „Unterwegs“ 1988/89

‚Umgebung‘ ist das Stichwort: Der Titel der Ausstellung „Deutschlandbilder“ ist dabei an eine Serie von Landschafts- und Kleinstadtfotografien angelehnt, die hier eigentlich gar nicht gezeigt wird. An ihre Stelle treten die Bilder der Serie Unterwegs, die während einer Reise 1988 aus dem Fenster eines PKW-Trabants heraus entstanden. Von Leipzig nach Gera, von Elsterwerda zu Nietzsches Grab, von der Greifswalder Straße ins Erzgebirge und von der Stalinallee zur Kinderwagenfabrik: Zwar lässt sich die Reiseroute und die Schauplätze der einzelnen Aufnahmen rekonstruieren, entscheidend ist ihre geografische Verortung jedoch nicht. Die Aufnahmen ähneln nicht nur zufällig dem uns gewohnten Blick beim Autofahren: heraus auf die grauen Orte, flachen Landschaften, auf den Trubel und die Einöde. Auf dieses Deutschland blicken wir durch seine Bilder; eine Umgebung, die zwar zuerst trist erscheinen mag, aber den ‚Zauber der Idylle‘ und die ‚Magie der Reise‘ in sich trägt. Dabei besticht diese Serie zugleich durch ihre Reduktion auf das Schwarzweiße, weshalb sich die Arbeiten deutlich von den anderen Werken in dieser Ausstellung abgrenzen.
Die angesprochene ‚Magie der Reise‘ kennzeichnet auch die gleichnamigen Reisebilder von 1994. Angekettet an das Haus der Kunst in München, reitend als Lonesome-Matrose auf einem Platz in Kharkov oder ganz gedankenversunken sitzend vor dem Panzerkreuzer Aurora in der Morgenröte: diese buntschillernden Souvenirfotos eines Reisenden berichten als Grußkartenmotive von fernen Zielen.

„Abenteuer im Rosenhag“ und „Reisebilder“ 1995

Es ist die bereits in diesen Werken anzutreffende Technik der kolorierten Fotografie, die man zumeist mit Merkels Namen verbindet. Das zurecht gefeierte, einzigartige Zusammenspiel von Fotografie und nachträglichem Kolorieren mit den schillernden Farben der Firma Keilitz kann an vielen Stellen dieser Ausstellung bewundert werden. So entführt uns bspw. die großformatige Montage (6) Abenteuer im Rosenhag von 1995 in einen Bildraum als eine fremde Welt, die zwar vorschnell urteilend, farblich der Frühphase amerikanischer Pop-Art ähneln möge, dies aber nicht ist. Ganz im Gegenteil: Merkel betont immer wieder, dass er „die offensive Farbverfremdung“ (7) der Pop-Art vermeiden will. Daher vermitteln die hier gezeigten Kolorierungen der 80er und 90er Jahre bewusst ein Gefühl (ost-)deutscher Nostalgie: Aus heutiger Sicht scheinen sie, mit ihren roten Bäckchen, perückenartigen Haaren und spielerischen Requisiten direkt dem DDR-Maskenbild legendärer, farbgeschwängerter Märchenproduktionen der DEFA zu entspringen. Doch Florian Merkel kannte, wie die Kinder seiner Generation, diese Märchenfilme zunächst nur in Schwarzweiß. Ihrem überwältigenden Farbrausch begegnete er erst durch nachträglich ‚optimierte‘ Farbfilmkopien in den 90er Jahren. In ihrer Mitte steht Merkels Selbstporträt aus dem Jahre 1990: Am Ende einer langen Tafel hat der erschöpfte Künstler Platz genommen, sein Körper droht vom Stuhl herunterzurutschen ‒ und dann ist dort der in die Ferne gerichtete, starre Blick seiner strahlend blauen Augen. Etwas scheint den Künstler zu beschäftigen, nachdenklich kaut er auf seinen Nägeln herum. Merkel zeigt sich selbst als Denkender, im Moment der künstlerischen Invention, am noch leeren Ateliertisch sitzend. Und doch bliebt die Frage noch offen, welches Bild er wohl als nächstes von sich selbst entwerfen wird?

Die Aneignung verschiedener Rollenmodelle wurde in der Serie Role Models von 2014 bis 2016 erprobt. Hier porträtiert sich der Künstler im abgetrennte Kopf Johannes des Täufers oder schlüpft in die Rolle des unterlegenen Holofernes im Kampf mit der alttestamentlichen Judith. In Gestalt des Eremiten Hieronymus notiert er nicht wie der Kirchenvater in stiller Einkehr theologische Konzepte, sondern zeichnet versunken. Die im Bild gezeigte Zeichnung gleicht dabei den großen Blättern der Handzeichnungen Merkels in dieser Ausstellung. Die schwungvollen und klein detaillierten Zeichenblätter stehen dabei einer Reihe von Frühwerken des Künstlers gegenüber und erweitern Merkels Kunstbegriff um die Zeichnung ‒ die zu Recht auch im Titel dieser Ausstellung anklingt. Persönlich bin ich immer wieder von Merkels Rezeption der christlichen Ikonographie begeistert, wie sie sich auch in seinen Figurenbildern auf Goldgrund finden lassen. Die Werkserie Behavior (2017) erweitert genau diese Bildsprache um zwischenmenschliche Handlungsmuster, so expressiv und emotionsreich diese auch sein mögen.
Die Steigerung dieser Verortung einer Figur auf monochromen Grund lässt sich in seinen Acrylglas-Figuren finden, die sich nun von der Abhängigkeit zu einem Hintergrund völlig lösen und an vielerlei Stellen in der Ausstellung zu finden sind.
Merkels beständige Beschäftigung mit dem Graphischen prägt auch die großen Linepaintings Jugend und Technik (8) (1996/97). Einfache bunte Linien umreißen die Silhouetten junger Menschen vor endlos gen Himmel ragenden Plattenbauten am Berliner Strausberger Platz. Unbesorgt und ausgelassen leben sie in gestellter Idylle. Und so aufstrebend wie sie sind auch die utopischen Gebäude hinter ihnen, die vom sozialistisches Staatsideal im Bild der Architektur berichten. In formaler Anlehnung an kommunistischen Propagandaplakate kommentiert Merkel hier das Wunschbild einer superlativen Stadt der Zukunft ‒ jedoch immer ironisiert, überspitzt und mit Witz.

aus „Nemo“ 1983

Dieser Witz bestimmt auch die Arbeiten von Nemo II, welche 1983, im 2. Studienjahr, für den Karneval der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig entstanden sind und bereits jenen Porträttypus beschwören, den Merkel für seine spätere Diplomarbeit zu Künstler- und Arbeiterportraits im Raum Leipzig beibehalten sollte. Die Aufnahmen von Nemo II bestechen durch ihre unglaubliche Nähe, sie wirken intim, obwohl ihre gestellte Inszenierung bewusst sichtbar bleibt. Die kolorierten Reproduktionen dieser Arbeiten (Nemo I) und ihre damalige Projektion in der Hochschule berichten von Korallenlandschaften, die an die Collagen Peter Beards erinnern, aber auch Disneys Atlantis gleichen mögen. Hier besucht Popeye die kleine Meerjungfrau auf einem Tiefseedampfer. Die Arbeiten entstanden dabei als Kollaborationen mit den Kommilitonen Jens Rötzsch und Reinhard Münch.

aus „Neuere Bauten reloaded“ 2018

Ein besonders Juwel dieser Ausstellung sind die hier erstmals gezeigten Arbeiten Neuere Bauten reloaded. Den Abzügen digitaler Arbeiten Merkels liegt die Fotoserie Neuere Bauten von 2015/2016 zugrunde. Nach der Wende fielen Merkel eine Reihe von markanten 90er Jahre Bauten auf; jene des zu dieser Zeit sehr beliebten und markanten Baustil der ‚runden Ecke und Fensterfassaden in Rasterstruktur‘. Er entschied sich ein jedes, auf das er traf, zu fotografieren. Die einst entstandenen Fotoabzüge, die als katalogisierendes Zeitzeugnis eines heute als ‚abschätzig‘ betrachteten Baustils in Städten betrachtet werden könnten, blieben unveröffentlicht liegen, blieben unveröffentlicht liegen, bis sich Merkel zwei Jahre darauf entschloss, diese knallig am Computer nachzugestalten. Bis zur Zufriedenheit des Künstlers vergingen zwei weitere Jahre. Diese digitalen Arbeiten sind hier erstmalig großformatig gedruckt gezeigt. Im Spiel mit der digitalen Kunst, d.h. durch das Eintauschen des Malpinsels für die Maus in Photoshop, sollte der Versuch unternommen werden, zu erkunden, inwiefern die digitale Technik die handwerkliche imitieren könne, wissend, dass der Computer die handwerkliche Kolorierung nie ersetzen könne. Und so erweitern diese Arbeiten die Farbplatte Merkels Oeuvre um technische, grelle Zwischentöne, die an die Schemata von Wärmekameras erinnern mögen und zeitgleich auch die buntschillernde Reflexionskleidung der aktuellen Jungendmode auf die Fassaden ihres Lebensraums projizieren. Durch den atemberaubenden Detailreichtum der Arbeiten entsteht ein Zittern der kleinsten Farbflächen vor dem Auge, ein Fiebertraum der Großstadt, der dem Wirkungsgehalt pointilistischer Arbeiten in nichts nachsteht.

Florian Merkels Experimentieren mit verschiedenen Kunstgattungen umfasst auch die Tonkunst: Seine musikalischen Performances seien an dieser Stelle besonders zu würdigen. 1983 fanden sich Florian Merkel und Claus Löser in Karl-Marx-Stadt zusammen, um ihre eigene Vorstellung von Musik auszutesten. Sie formten die legendären Die Gehirne, die sich selbst den Wahlspruch „brachiale Expression in extremer Beanspruchung“ (9) gaben. Die Gehirne, deren Name auf den gleichnamigen Text von Gottfried Benn zurück geht (10), können als performative Band verstanden werden, deren technisch und psychedelisch generierten Klangerzeugnisse keine Liedstruktur verfolgen. Ihre Konzerte können eher als von Rhythmus geprägte Performances verstanden werden, in denen bestimmte offene Strukturen wiederkehren, die Musik ähneln mögen. „Claus spielte Gitarre, Florian trommelte ‒ improvisierte Sessions im Wohnzimmer“ (11) mündeten in die 1986 veröffentlichten Tape „Ihre Großen Erfolge“ (12). An erster Stelle stand der Anspruch, „etwas Originäres, Einzigartiges zu erzeugen, [denn] eine übersteuerte Tonbandaufnahme war vergleichbar mit einem unikaten Bild, das nicht wiederholt, nur reproduziert werden kann.“ (13) Seit 1986 kamen und verließen verschiedenste Musiker und Gäste Die Gehirne; etliche Aufnahmen entstanden, bevor sie sich 1988 auflösten. Weitere performative und musikalische Projekte Merkels und der Gehirne folgten bis heute.

KBF live 2022 Foto: Tim Udontknow

Heute Abend werden wir einen Auftritt der Knut Baltz Formation erleben dürfen, dem musikalisch-performativen Soloprojekt das Florian Merkel 1987 gründete. Seit 1989 finden regelmäßig Liveperformances der Formation mit Playbackprogramm statt. (14) Ab 2001 entstanden zudem etliche Studioaufnahmen. Bewaffnet mit der Schaumgitarre fechtet die Knut Baltz Formation in ihren Auftritten einen andauernden musikalischen Kampf aus, der nichts anderes als „exzessiv“ genannt werden kann. Die Performances machen das fiebernde Grundgefühl der experimentellen Jugendkultur der 80er Jahre in der DDR spürbar, das bis heute nicht abgeklungen ist. Zur Eröffnung dieser Ausstellung tritt heute die Knut Baltz Formation als Discjockey auf und spielt auf der Schaumgitarre Coverversionen osteuropäischer Popmusik der 60er und 70er Jahre.

Florian Merkels Werk strotzt vor Energie; seine Bilder sind dynamisch und stets in Bewegung; im vitalen Konflikt, im Streit, ja im tatendurstigen Rausch. Die Werkserie Distances (2020-21) belegt diesen elanvollen Drang von Merkels Bilder-Ballett: Junge punk-frische Menschen tanzen, ihre Haare und Kleidung sind so bunt wie ihre Verrenkungen. Ins Ewige verlängert, sind die Figuren heiter im Moment des bewegten Rausches festgehalten worden. Möglich war dies durch das Spiel mit einer Clack-Kamera, die es dem Künstler ermöglichte, ein Negativ so häufig zu belichten, wie benötigt. (15) Auffällig ist hier die Verlagerung des Szenischen nach draußen: Schnell verortet das erfahrene Berliner Auge die Geschehnisse auf die stillgelegte Landebahn des Tempelhofer Feldes, das aufgrund seiner zentralen Lage zum Sammlungsort der nachtsüchtigen Berliner Flaneure geworden ist. Das Verlassen des Ateliers, der Auszug ins Freie resultierte dabei aus einer Not heraus: Durch die Pandemie waren 2020 keine Treffen im geschlossenen Innenraum mehr möglich. (16) Meisterlich gelingt es Merkel mit diesen Bildern, den rhythmischen Exzess der Jugend, den wiegenden Tanz der Berliner Weltkultur und die tausenden von exzessiven Erinnerungen, die dieses Feld in sich trägt, festzuhalten.

„Entgegenkommen“ 2020

Das Bewegte, das Erscheinen und Verschwinden erkundete Florian Merkel auch in seinen Sofortbildaufnahmen, die seit 2018 entstehen und diese Retrospektive um die gegenwärtigen Arbeiten des Künstlers ergänzen. Dabei arbeitet Merkel mit der technischen Funktion der Doppelbelichtung, die für die Grundsätzlichkeit der Sofortbildaufnahme untypisch erscheinen mag. Er kombiniert Figuren und Hintergrund, Fern- und Nahsicht, Vorder- und Rückansicht, um sich einer Doppelung einer flüchtigen Bewegung auf gleiche heroische Art und Weise anzunähern, wie es schon die Arbeiten der Serie Distances zeigten. Obwohl Merkel, eigenen Aussagen nach, nur selten den Drang verspürt, farbig zu fotografieren, nutzt der Künstler für diese Sofortbildaufnahmen durchaus bewusst die Farbe als künstlerisches Stilmittel. Vor allem das einfallende Licht und transluzente Belichtungen erhöhen die einst als verstaubt angesehene Sofortbildaufnahme zu einem fast surreal anmutenden Momentum des Festhaltens einer nicht greifbaren Bewegung, die auch etwas Transformatives besitzt.
Der Effekt der Doppelung ist in Merkels Schaffen jedoch nicht neu. Bereits 2012 und 2013 entstanden die Serien Überlagerungen 1 und 2, welche sich spiegelnde Standlandschaften zeigen. Ein illusionistischer Mikrokosmos einer Stadt wird präsentiert, die sich erst im eigenen Schein, darin dem Narziss gleich, liebesblind wiederzuerkennen mag. Erschrecken Sie also als bitte nicht, wenn Florian Merkel uns zeigt, wie schön es sein kann, wenn eine Stadt mal Kopf steht.

Merkels Bilderwelten stehen, wolle man die Bildthemen ehrlich betrachten, oftmals im deutschen Kontext ‒ historisch, politisch oder geografisch. So umfasst diese Reihe der Deutschlandbilder einen karikierten Blick auf die Spannkraft der romantischen deutschen Heimat, auf die Vitalität der Jugend, auf die engagierten Impulsstifter einer neuen Lebensrealität und auf den Kraftaufwand der Gegenwart, der sich in Merkels Bildern Berlins besonders leicht dekodieren lässt. Seine Bilder zeigen die Lebenskraft der auf das Morgen gerichteten Gedanken und berichten vom Schmiss des heute Erlebten. Das Zahnrad der Zeit dreht sich weiter und unsere Augen öffnen und schließen sich, fangen dabei Augenblick für Augenblick ein, so wie sich die Blende von Merkels Kamera öffnet und wieder schließt. Was bleibt, sind die Zeugnisse des Eindringlichen, die unser Geist so verfärbt, wie Merkels sie kolorieren mag.

Anmerkungen
(1) Stand 8. Februar 2022.
(2) Florian Merkel: „Gebuntete Bilder“, in Stefan Gronert und Sprengel Museum (Hrsg.): Gezielte Setzungen: übermalte Fotografie in der zeitgenössischen Kunst, Katalog der gleichn. Ausstellung im Museum Hannover, 3. Juli – 6. Oktober 2019, Hannover 2019, o. S., Transkript auf der Website des Künstlers.
(3) Ebd.
(4) Ebd.
(5) Florian Merkel im persönlichen Gespräch, 16. November 2021.
(6) Die in Chemnitz präsentierte Serie setzt sich aus sechs gerahmten Fotografien zusammen. Während vier Werke (zwei beinahe quadratische Nahaufnahmen eines Puppenkopfes sowie zwei szenenreiche Hochformate) zusammen eine Bilderwand bilden, führen zwei weitere, zusammenhängende Bilder (ein Soldatenbildnis mit Engelsfigur und ein Selbstbildnis Merkels als Altas mit Gasmaske) die szenische Handlung fort.
(7) Florian Merkel: „Gebuntete Bilder“, in Stefan Gronert und Sprengel Museum (Hrsg.): Gezielte Setzungen: übermalte Fotografie in der zeitgenössischen Kunst, Katalog der gleichn. Ausstellung im Museum Hannover, 3. Juli – 6. Oktober 2019, Hannover 2019, o. S., Transkript auf der Website des Künstlers.
(8) In der Ausstellung werden jene Gemälde gezeigt, die sich in der Sammlung der GfZK Leipzig befinden.
(9) siehe Homepage der Gehirne, online: https://diegehirne.de/ (letzter Zugriff: 7. Februar 2022).
(10) vgl. Gottfried Benn: Gehirne, v. O. 1916.
(11) Florian Merkel: Die Gehirne, 2017 auf Homepage der Gehirne, online: https://diegehirne.de/die-gehirne/statement/ (letzter Zugriff: 7. Februar 2022).
(12) Zunächst entstanden selbstproduzierte Kassetten in geringer Auflage. 2020 brachte das Berliner Musiklabel play loud! productions eine auf 500 Stück limitierte Neuauflage der ersten Tapes auf Vinyl unter dem Titel „Die Gehirne. Ihre großen Erfolge 1983-85“ heraus. Das Album erschien in der Reihe „Tapetopia. GDR Unterground Tapes 1984-89“.
(13) Florian Merkel: Die Gehirne, 2017.
(14) siehe Seite der Knut Baltz Formation auf der Homepage der Gehirne, online: https://diegehirne.de/die-gehirne/knut-baltz-formation/ (letzter Zugriff: 7. Februar 2022).
(15) Florian Merkel im persönlichen Gespräch, 16. November 2021.
(16) Florian Merkel im persönlichen Gespräch, 16. November 2021.

Mark Kuhrke, Kunsthistoriker und Performer in Berlin Foto: Lydia Thomas